Vollstreckungsmaßnahmen

WICHTIG: Bevor eine Zwangsvollstreckung durchgeführt werden kann, ist ein sogenannter Titel notwendig (z.B. Vollstreckungsbescheid, Urteil, notarielles Schuldanerkenntnis, Bescheid einer öffentlichen Behörde).

Siehe auch hierzu: Gerichtliches Mahnverfahren.

Themenüberblick

Der Gerichtsvollzieher

Wenn ein Schreiben vom Gerichtsvollzieher ins Haus flattert, dann erschrecken sich viele Ratsuchende und haben Angst. Viele Menschen haben die Vorstellung, dass er dich mit ins Gefängnis nehmen und alle Sachen der Wohnung mitnehmen darf. Dies ist nicht der Fall. Der Vollziehungsbeamte möchte dir nichts Böses. Er erfüllt einen Auftrag, den er vom Amtsgericht bekommen hat und muss dem Gläubiger die Informationen geben, wie er sie beantragt hat. Der Gläubiger möchte so erfahren, wie deine finanzielle Situation ist. Er hat ein Recht darauf.

Keine Haftstrafe

Niemand kann nur wegen seiner Schulden ins Gefängnis kommen!

Je nachdem, was der Gläubiger beantragt hat, kann der Gerichtsvollzieher beispielsweise eine Sachpfändung machen oder eine Vermögensauskunft verlangen. Am besten ist es, den Zutritt in die Wohnung zu erlauben und alles offen und ehrlich anzugeben. Wenn er kommt und du keine Zeit hast, kannst du einen neuen Termin vereinbaren.

Nur wenn du nicht mitarbeitest und dem Gerichtsvollzieher nicht in deine Wohnung lässt oder nicht auf seine Post reagierst, kann es sein, dass der Gläubiger Erzwingungshaft beantragt. Das bedeutet, dass du dann zur Abgabe der Vermögensauskunft gezwungen werden kannst.
Siehe dazu: § 802g ZPO (Erzwingungshaft)

Erzwingungshaft

Wer sich weigert, die Vermögensauskunft abzugeben, kann in Erzwingungshaft kommen!

Bei der Durchführung seiner Dienstgeschäfte ist der Vollziehungsbeamte an seine Geschäftsanweisung  gebunden. Beim schuldhaften Verstoß durch den Beamten liegt eine Amtspflichtverletzung vor. Unter bestimmten Umständen hast du dann einen Haftungsanspruch für deinen Schaden.
Näheres siehe auch:  Der Gerichtsvollzieher kommt - was nun?

Nur Gerichtsvollzieher der Amtsgerichte sowie Vollzugsbeamte der öffentlichen Verwaltung dürfen in deiner Wohnung pfänden.

Vertreter von Inkassobüros haben nie einen Zwangsvollstreckungsauftrag. Sie dürfen ohne dein Einverständnis nicht in deine Wohnung.

Sachpfändung durch den Gerichtsvollzieher

Bei einer Sachpfändung möchte sich der Gerichtsvollzieher in der Wohnung umsehen, ob du etwas sehr Wertvolles (die bescheidene Lebensführung übersteigend) in deiner Wohnung hast. Die notwendige und angemessene Wohnungsausstattung, d. h. Kleidung, Möbel, Küchengeräte und ein Farbfernseher, sind unpfändbar.

Auch andere grundlegende Sachen müssen dir bleiben. Hier findest du gesetzliche Vorschriften für unpfändbare Sachen.

Grundsätzlich dürfen Vollziehungsbeamte deine Wohnung nur mit deiner Einwilligung durchsuchen. Verweigerst du den Zutritt aber dauerhaft oder wirst du trotz schriftlicher Ankündigung mehrmals nicht zu Hause angetroffen, kann innerhalb weniger Tage eine richterliche Durchsuchungsanordnung ergehen. Dann dürfen Gerichtsvollzieher sogar die Wohnungstür aufbrechen lassen, was natürlich Ärger bereitet und zusätzliche Kosten verursacht.

Info

Bei einer Pfändung muss dir so viel Bargeld bleiben, wie dir bis zum nächsten Auszahlungstermin als unpfändbarer Anteil zusteht.

Unser Tipp: Den Gerichtsvollzieher freundlich empfangen, vielleicht einen Kaffee anbieten. Sag ihm, dass du gerne zahlen würdest, es aber jetzt leider nicht geht.
Oder: Falls du wirklich keine Zeit hast, mit dem Gerichtsvollzieher einen anderen Termin vereinbaren.

Mehr Infos findest du unter dem Text:
Was mache ich, wenn der Gerichtsvollzieher kommt“.

Vermögensauskunft

Hierbei musst du wahrheitsgemäß die verlangten Informationen über dein Einkommen und dein Vermögen machen wie beispielsweise die Bankverbindung, dein Sparbuch und deinen Arbeitgeber.

Hierzu das Formular für die Vermögensauskunft (PDF).

Der Gläubiger hat ein Recht darauf, die Vermögensauskunft zu verlangen. Dadurch erfährt er, wie hoch dein Einkommen ist und ob du eine Rate zahlen könntest.

Nicht zahlungsfähig?

Falls du im Moment nicht zahlen kannst, dann ist die Vermögensauskunft auch eine gute Bestätigung deiner Zahlungsunfähigkeit.

Falls du den Betrag, den du diesem Gläubiger schuldest, doch zahlen kannst und das deine einzigen Schulden sind, kannst du die Forderung auch direkt beim Gerichtsvollzieher zahlen. Wenn du so gezahlt hast, kommen evtl. neue Gebühren hinzu, so dass doch nicht alles erledigt ist.

Wenn die Vermögensauskunft vom Gläubiger beantragt wurde, dann musst du sie abgeben. Es ist dabei wichtig, alles offen zu legen und wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Wenn du falsche Angaben machst, kannst du bestraft werden.

Wie das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft genau abläuft, kannst du im § 802f ZPO nachlesen im Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft.

Unser Tipp:

Erkundige dich nach zwei Wochen direkt beim Gläubiger, ob die Schulden damit erledigt sind und lasse dir ein Erledigungsschreiben schicken!


Pfändungs- und Überweisungsbeschluss

Um eine Konto- oder Lohnpfändung zu machen, muss vom Gläubiger ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beim zuständigen Vollstreckungsgericht beantragt werden. Der Beschluss wird dann dem Drittschuldner (z.B. der Bank oder Arbeitgeber) und einige Tage später der Schuldnerin / dem Schuldner, zugestellt.

Pfändung

Eine Pfändung ist eine staatliche Beschlagnahme eines Gegenstandes (Sachpfändung) oder einer Forderung (Forderungspfändung) im Rahmen der Zwangsvollstreckung.
Vor einer Pfändung müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Ein Pfändungsauftrag muss vom Gläubiger gestellt worden sein.
2. Ein Vollstreckungstitel z.B. ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss vorliegen und dem Schuldner bereits zugestellt sein bzw. mit dem Pfändungsauftrag zugestellt werden.

Info

Bei einer Pfändung gilt: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!". Das heißt: Der zuerst pfändende Gläubiger wird so lange bedient, bis seine Forderung erfüllt ist.

Lohnpfändung

Der Gläubiger kann eine Lohnpfändung veranlassen. Die Informationen über den Arbeitgeber bekommt er über die Vermögensauskunft. Danach kann der Gläubiger beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen, um eine Lohnpfändung durchzuführen.

Sobald der Beschluss beim Arbeitgeber eingeht, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet den pfändbaren Anteil des Einkommens an den Gläubiger auszuzahlen. Er muss dazu die gesetzlichen Vorschriften des § 850 c ZPO mit der  Pfändungstabelle beachten. Der pfändbare Anteil des Einkommens ergibt sich aus dem Nettoeinkommen und den Unterhaltsverpflichtungen.

Meist ist es besser, dem Arbeitgeber gegenüber offen zu sein. Wenn du die Vermögensauskunft abgegeben hast, solltest du ihn informieren, dass du Schulden hast, bevor der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss​​​​​​​ bei ihm eingeht. Sicher ist es hilfreich, ihm mitzuteilen, dass man sich gekümmert hat und eine Schuldnerberatung in Anspruch genommen hat bzw. dort angemeldet ist.

Kündigung

Kein Arbeitsvertrag darf wegen einer Lohnpfändung gekündigt werden!

Befristeter Vertrag

Bei einem befristeten Vertrag oder in der Probezeit kann eine Lohnpfändung für deinen Arbeitgeber Anlass sein, sich von dir zu trennen.

Kontopfändung

Deine Gläubiger können nicht nur direkt beim Arbeitgeber pfänden. Auch eine Kontopfändung wird häufig gleichzeitig dazu eingesetzt. Nachdem der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Bank zugestellt wurde, hat der Schuldner aber vier Wochen Zeit, das Konto in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln.

Das P-Konto gibt es erst seit dem 1.1.2012. Nur wenn das Konto diesen Pfändungsschutz hat, ist es nach Ablauf von vier Wochen, vor Pfändungen geschützt. Wenn du dein Konto nicht innerhalb der vier Wochen in ein sogenanntes P-Konto umwandelst, hast du keinen Schutz und das Geld, das noch auf dem Konto ist, wird an den pfändenden Gläubiger überwiesen.

Woher das Guthaben auf dem P-Konto stammt, spielt keine Rolle. Es ist daher gleichgültig, ob das Guthaben auf dem P-Konto Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit, aus einer Angestelltentätigkeit oder aus Sozialleistungen stammt.

Allerdings müssen beim P-Konto bestimmte Bedingungen beachtet werden.
Für alleinstehende Personen ist ein Grundfreibetrag in Höhe von 1.500 € geschützt (Stand Juli 2024).

Ablauf und Bedingungen

  • Persönlicher Antrag bei der kontoführenden Bank
  • Bearbeitungsfrist maximal 3 Werktage
  • Es darf pro Person nur ein P-Konto geführt werden.
  • P-Konto darf nur als Einzelkonto (kein Partnerkonto) geführt werden.
  • Umwandlung ist kostenlos
  • Umwandlung erst notwendig, wenn Kontopfändung veranlasst wurde
  • Eintrag in das Schufa-Verzeichnis

Grundfreibetrag (Stand Juli 2024)

  • Grundfreibetrag in Höhe von 1.500 Euro, gleich welche Einkünfte
  • Erhöhung des Grundfreibetrags für die erste Unterhaltsverpflichtung um 561,43 Euro, für jede weitere unterhaltsberechtigte Person um 312,78 Euro und zusätzlich um das jeweilige Kindergeld
  • Individuelle Kontofreigabe nach der Pfändungstabelle, z.B. wenn vom Arbeitgeber nur pfändungsfreies Geld überwiesen wurde

Erhöhter Grundfreibetrag

Für einen erhöhten Grundfreibetrag benötigt man eine Bescheinigung.
Diese P-Konto-Bescheinigungen werden ausgestellt von

  • Arbeitgebern
  • Familienkassen
  • Sozialleistungsträgern
  • Rechtsanwälten/Steuerberatern
  • anerkannten Schuldnerberatungsstellen (nach § 305 InsO)

Antrag auf Aufhebung der Pfändung bei Doppelpfändung

Pfändungsschutz für das überwiesene Arbeitseinkommen, das schon beim Arbeitgeber gepfändet wurde und den Grundfreibetrag auf dem P-Konto übersteigt, kann der Kontoinhaber zusätzlich erhalten. Notwendig ist ein Antrag beim Vollstreckungsgericht (oder der vollstreckenden Behörde).
Beantragt wird die Aufhebung der Pfändung des Guthabens bis zur Höhe des gesetzlich lt. Pfändungstabelle (§ 850c ZPO) pfändungsfreien Betrages.

Weitere Informationen zum Thema P-Konto findest du hier.

Info

Wenn bei gleichzeitiger Lohnpfändung und Kontopfändung mehr als der Grundfreibetrag auf dein Konto kommt, kannst du eine Aufhebung der Kontopfändung beantragen.


Löschung von Einträgen

Schufa

Ziel der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) ist es, ihre Vertragspartner vor Kreditausfällen zu schützen, indem sie die Kreditbiographie der Bürger, d.h. die Aufnahme und Abwicklung von Kreditgeschäften, aufzeichnet.

In deiner Schufa -Auskunft steht ein Hinweis

  • zu einer Vermögensauskunft bzw. Eidesstattliche Versicherung (alte Bezeichnung)
  • zu einem Haftbefehl zur Erzwingung einer Vermögensauskunft

Grundsätzlich gibt es genau festgelegte Fristen für die Löschung von alten Schufa ​​​​​​​-Einträgen. Die meisten Einträge werden taggenau nach 3 Jahren der Erledigung gelöscht.

Nähere Infos findest du hier.

Vermögensauskunft / Haftbefehl

Auch Informationen aus Schuldnerverzeichnissen der Amtsgerichte (Haftbefehl zur Erzwingung der Vermögensauskunft) bleiben bis zu ihrer Erledigung gespeichert und werden drei Jahre nach der Erledigung bzw. Rückzahlung entfernt oder sobald eine Löschung durch das Amtsgericht nachgewiesen wird.

Das kannst Du tun:
Wenn Du nach dem Bezahlen deiner Schulden willst, dass die Angaben über deine Vermögensauskunft bereits vor der automatischen Löschung bei der Schufa ​​​​​​​entfernt werden, dann gehe zum zuständigen Amtsgericht. Lege dort die Zahlungsbestätigung des Gläubigers vor, und bitte um eine entsprechende Löschungsbescheinigung. Diese schicke dann direkt an die Schufa ​​​​​​​​​​​​​​.


Kontakt

089 / 5155 645-0 schuldnerberatung@awo-muenchen.de